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Ein Raum für Frauen
Interview mit den Gründerinnen von „Salon F“

Judith Anger (v. l. ) und Friederike Streib haben "Salon F" in München gegründet. Fotos: Alexandra Belopolsky

Friederike Streib und Judith Anger haben in München den „Salon F“ eröffnet – einen Co-working-Space und Gesellschaftssalon für alle, die sich als Frauen identifizieren. Die geschützten Büroplätze sowie die gemeinsamen Workshops, Kurse und Veranstaltungen sollen Frauen untereinander vernetzen und Unternehmerinnen unterstützen.

Warum braucht es einen Co-working-Space* nur für Frauen?

Streib: Weil Frauen leider immer noch ein bisschen mehr Räume und mehr Push brauchen. Sie brauchen Möglichkeiten zu blühen. Die bekommen sie sonst weniger als Männer. Viele Frauen merken, dass es so etwas wie eine „gläserne Decke“ gibt, wenn sie zwischen 30 und 40 sind – so wird es uns immer erzählt. Wir wollen bewusst eine Umgebung und eine Atmosphäre schaffen, wo mal andere Gesetze herrschen, wo es andere Spielregeln gibt, wo sich neue Spielregeln etablieren können.

Anger: Es gibt viele Frauen, die sich selbstständig machen oder machen wollen. Und natürlich gibt es schon einige Co-working-Spaces in München. Aber die sind oft sehr männerdominiert, und Frauen fühlen sich dann oft auch nicht wohl. Diese Räume passen vielleicht nicht von der Einrichtung oder von der ganzen Atmosphäre: Sie sprechen Frauen einfach nicht an.

Was ist das Besondere an einem weiblichen Arbeitsumfeld?

Streib: Der Community-Aspekt ist sehr wichtig: das Frauennetzwerk, die gegenseitige Unterstützung. Hier kommen die Impulse nicht von Männern, sondern bewusst von anderen Frauen.

Anger: Schon letztes Jahr haben wir bei unserem zweimonatigen Pilotprojekt in der Münchner Fußgängerzone gemerkt, dass Frauen sich nach so etwas sehnen. Natürlich hat jede ihren Bekannten- und Freundeskreis, vielleicht auch schon einen gewissen Kunden- oder Klientenkreis, der sie antreibt. Aber irgendwie braucht es noch ein Netzwerk, das ihnen dezidiert beim Vorankommen den letzten Push gibt, ob in der Selbstständigkeit oder im Angestelltendasein. Das ist das, was „Salon F“ bringen soll.

Es gibt ganz viele Online-Communitys, die genau das bringen. Reichen diese nicht aus?

Streib: Es gibt zwar viele Frauennetzwerke, die wunderbar funktionieren. Was aber vielen fehlt, ist ein Ort, wo man sich tatsächlich treffen kann. Ich meine damit einen Ort, der eben nicht nur eine Online-Community ist, denn dort kennt man die anderen vielleicht nur vom Profilbild. Wir wollen eine Community, die auf einer dauerhafteren Basis wirklich gelebt werden kann. Ein persönlicher Umgang ist einfach etwas ganz anderes. Wenn ich mich über einen großen Erfolg in meinem kleinen Unternehmen freue, ist es anderes, jemanden zu umarmen, als in der Gruppe zu schreiben „Hey, gerade cool gewesen“. Ich glaube, das ist tatsächlich etwas, was Frauen sich wünschen.

Wie seid ihr auf die Idee zu „Salon F“ gekommen?

Anger: Ich bin eigentlich nur das Add-on. (lacht) Friederike ist der Kernpunkt und um sie herum flattern alle anderen Frauen. Die Idee kam von ihr.

Streib: Das entstand in einer beruflichen Umbruchphase. Ich bin eigentlich Kulturmanagerin, habe aber noch in einem zweiten Studium einen Master of Business Administration (MBA) abgeschlossen und zwischendurch meine Kinder gekriegt. Danach habe ich mich gefragt: Wie soll es jetzt weitergehen? Gehe ich wieder in die Festanstellung zurück? Und irgendwie bin ich in diese Idee von dem Frauensalon reingewachsen. Das hat mich seit 2015 nicht mehr losgelassen.

In den USA gibt es ähnliche Konzepte schon länger… war das eine Inspiration?

Streib: Ja, ich habe sehr genau die Geschichte von „The Wing“ in New York verfolgt. Das ist ein Club und Co-working-Space für Frauen, der in Manhattan mit einem kleinen Space gestartet ist. Jetzt haben sie überall in den USA Standorte und sind inzwischen sehr erfolgreich damit. Ich fand das schon von Anfang an total spannend. Ich dachte – wie cool muss das sein? Warum gibt es hier so einen Ort nicht? Ich dachte, wir müssen ihn selber machen.

Ihr beide leitet das Ganze gemeinsam. Wie habt ihr zusammengefunden?

Streib: Im Sandkasten! (Beide lachen.)

Anger: Wir haben uns über unsere Kinder kennengelernt, die vor zwei Jahren in derselben Krippe waren. Nachdem die Kinder in jeweils verschiedene Kindergärten weitergezogen sind, haben wir uns immer mal wieder zum Spiel-Date getroffen. Irgendwann, tatsächlich im Sandkasten, hat Friederike von der Idee von „Salon F“ erzählt – damals gab es aber noch keinen Namen dafür. Ich fand es sofort total einleuchtend, dass es das braucht, dass es Sinn macht, so einen Ort zu haben. Ich war zu dem Zeitpunkt noch in einem Anstellungsverhältnis als Online-Redakteurin bei einem Startup. Es war irgendwie alles fein, mein Job war total in Ordnung, aber so richtig gebrannt habe ich dafür nicht. Ich war auf der Suche nach etwas, was ich leidenschaftlicher betreiben könnte. Ich hatte immer den Freitag frei und habe zu Friederike gesagt, „Du, ich finde das so gut, ich gebe dir meinen Freitag dafür“. Und dann haben wir uns immer freitags in verschiedenen Cafés getroffen. 

Da hättet ihr ja ein Workspace gut brauchen können.

Anger: Da haben wir tatsächlich am eigenen Leib erlebt, dass wir gerne so einen Raum in München hätten, wo man hinkommen, sinnvoll arbeiten und vielleicht Meetings machen kann. Mit gutem WLAN.

Streib: Das klingt jetzt absurd, aber 2018 gab es in München noch nicht so viel Co-working. Es gab ein paar Spaces – die Großen kamen da gerade so – aber das Feld war noch nicht so dicht besetzt wie jetzt. In der Szene hat sich wahnsinnig viel getan in den letzten zwei Jahren.

Gab es finanzielle Unterstützung von der Stadt für die Gründung?

Streib: Nein, das haben wir privat finanziert.

Haltet ihr es für Frauen schwieriger, Gründungsfinanzierungen zu erhalten?

Streib: Ja, ich glaube, es ist deutlich schwieriger, weil Frauen statistisch gesehen mehr Unternehmen gründen, die einen sozialen oder nachhaltigen Fokus haben. Die sind dann aber nicht so renditestark und Investor*innen können dabei nicht so gut mitverdienen. Solange als wichtigste Kennzahl gilt, ob jemand mit seiner Geschäftsidee Geld machen kann, ist es schwierig, Investitionen zu bekommen. Dazu gibt es auch entsprechende Studien. Außerdem müssen Frauen sich immer mehr beweisen, wenn sie erklären, was sie machen und warum sie das machen.

Wie viele Arbeitsplätze gibt es im „Salon F“?

Streib: Es gibt sechs feste Co-working-Plätze, bei denen ein ganzer Schreibtisch mit Rollcontainer gemietet wird. Diese kosten 380 Euro im Monat. Dazu gibt es zwölf flexible Plätze, für 250 Euro im Monat, an denen man abends die eigenen Sachen wieder wegräumt – dazu kann man einen kleinen Spind mieten, wenn man regelmäßig kommt. Man kann auch im sogenannten Kaffeehaus-Szenario arbeiten: mal an einem kleinen Tisch, mal mit dem Laptop auf dem Schoß, mal an einem Gemeinschaftstisch. Dafür haben wir so viele Plätze, wie gerade Platz ist. Dafür reicht die Clubmitgliedschaft für 120 Euro im Monat. Im Moment dient unser Space vor allem als „Zufluchtsort“ für Frauen, deren Kinder wegen der Corona-Krise nicht in die Schule oder in die Kita gehen können. Seit Ende April können auch Nichtmitglieder bei uns arbeiten: 10 kostet ein halber Tag, 18 Euro der ganze Tag.

Wie viele Mitglieder haben sich schon bei „Salon F“ angemeldet?

Streib: Noch nicht so viele, wir sind ja noch ganz frisch. Aber unsere Community, die sich über das letzte Jahr bei Social Media und unserem Newsletter gebildet hat, zählt schon mehrere tausend Frauen.

Welche Art von Veranstaltungen erwarten die Frauen von euch?

Anger: Es gibt einen ganz großen Wunsch, dass die Frauen in diesem Club das mit einbringen können, wofür sie brennen und was sie besonders gut können. Viele Veranstaltungen entwickeln sich deshalb aus der Community heraus. Wir wurden ganz oft angesprochen: „Ich habe das und das Thema, mir ist total viel daran gelegen, können wir dazu gemeinsam etwas machen?“ Und die Frauen bringen dann zu den Veranstaltungen natürlich auch ihre eigenen Communities mit. Darüber ist die Salon F-Community gewachsen.

Streib: Wir wollen mehrere große Veranstaltungsreihen anbieten, aber im Moment beschäftigen wir uns vor allem mit Online-Seminaren zum Thema Home Office. Wir hatten jüngst eine Online-Reihe namens „Homeoffice Survival Kit“ und immer wieder Webinare wie zuletzt mit der Organisationspsychologin Cornalia Reindl zu „Loslassen: Mehr Gelassenheit im Arbeitsleben“, um den Frauen zu zeigen wie sie ihr Leben auch in stressigen Zeiten besser organisieren können. Außerdem findet unser „Female Founders Frühstück“ jetzt über Zoom statt.

Wie sehen eure Zukunftspläne aus? Wollt ihr wie „The Wing“ in den USA in Deutschland expandieren?

Streib: Im Moment denken wir eher lokal. In einer Stadt wie München braucht man schon ein gutes Netzwerk, um einen Co-working-Space für Frauen attraktiv zu machen. Und in anderen Städten gibt es auch ähnliche Projekte, die in ihrem Umfeld gerade verschiedene Modelle testen. Aber wer weiß, was passiert.

 

* „Co-working Space“ ist ein Anglizismus für Geschäftskonzepte, die Arbeitsplätze und Infrastruktur (Netzwerk, Drucker, Scanner, Fax, Telefon, Beamer, Besprechungsräume) zeitlich befristet zur Verfügung stellen. Der Unterschied zur Bürogemeinschat ist die Mischung verschiedener Berufe und die geringere Verbindlichkeit (Quelle: Wikipedia).

 

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Von Alexandra Belopolsky, München

Alexandra Belopolsky lebt seit ihrem sechsten Lebensjahr zwischen den Kulturen. Als gebürtige Ukrainerin und israelische Staatsbürgerin berichtet sie über alles, was diese Länder bewegt. Ihre Leidenschaft gehört dem Feuilleton und Frauenrechten, ein besonderes Augenmerk richtet sie auf den Fundamentalismus. Als freie Autorin arbeitet sie u. a. für die SZ, Stuttgarter Zeitung und Deutsche Welle.

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Mareike GraepelHaltern
Die US-Amerikanerin Cindy O’Brien lebt seit den 90er Jahren in Connemara, ganz im Westen von Irland und züchtet seltene Seeschnecken. Die sogenannten japanischen Abalone gedeihen an der irischen Küste gut. Sie gelten als Delikatesse und Aphrodisiakum, kosten bis zu 44 Euro pro Kilo – und sehen aus wie Vulven.

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