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Frauen und Literatur
Drei Korrespondentinnen berichten

11. Oktober 2017 | Von DEINE KORRESPONDENTIN
Hilda Twongyeirwe leitet den ugandischen Verlag FEMRITE, der bei der Frankfurter Buchmesser vertreten sein wird. Foto: Simone Schlindwein

Passend zur Frankfurter Buchmesse, die bis Sonntag andauert, wollen wir wissen: Wie sieht es eigentlich mit Frauen und Literatur in Uganda, Frankreich und der Ukraine aus? Unsere Korrespondentinnen haben recherchiert.

Von Simone Schlindwein, Kampala

Zu Kolonialzeiten gab es ein Sprichwort, das ging so: „Wenn du etwas vor den Afrikanern verheimlichen willst, schreibe es in ein Buch.“ Diese Zeiten, als die weißen Kolonialherren den afrikanischen Untertanen das Lesen und Schreiben beibrachten und die Bibel als erstes Buch einführten – die sind schon lange vorbei.

Und ja, die Afrikaner lesen, vor allem in Uganda: Sie lesen sehr viel Zeitungen, sie lesen sehr viel mit ihrem Smartphone im Internet. Und: Sie lesen Bücher.

Doch wer in Ugandas Hauptstadt Kampala in den größten Buchladen „Aristoc“ hineinschlendert, um etwas in den Büchern zu schmökern, muss schnell feststellen: Die meisten Bücher sind aus Europa oder den USA. In den Regalen mit der Aufschrift „Afrikanische Literatur“ stehen die Memoiren von großen Staatsherren wie dem verstorbenen Präsidenten Südafrikas, Nelson Mandela, oder die berühmte Kriegsbiografie von Ugandas Präsident Yoweri Museveni. Immerhin, daneben stehen nun die Erinnerungen von dessen Frau Janet Museveni, die während des Bürgerkrieges im Exil in Schweden die Kinder großgezogen hat. Doch dann war’s das auch mit den Büchern afrikanischer Schriftstellerinnen. Oder doch nicht?

In Uganda haben sich Frauen zusammengeschlossen, die gerne schreiben, um in einem eigenen Verlag ihre Kurzgeschichten, Gedichte und Memoiren zu veröffentlichen: FEMRITE heißt er, hat mittlerweile rund 150 Mitgliederinnen und mehr als 40 Bücher veröffentlicht. Neben Veranstaltungen, Lesungen, Vernetzungsplattformen und Ausschreibungen von Preisen für afrikanische Schriftstellerinnen bemühe sich der Verlag vor allem, die Lesekultur auf dem Kontinent zu verbessern sowie die Präsenz von Frauen als Autoren und wichtige Personen der Zeitgeschichte sichtbarer zu machen, so Direktorin Hilda Twongyeirwe.

„Ich denke, viele ugandische Frauen sind zu bescheiden, um ihre Geschichten zu erzählen“, erklärt Twongyeirwe. Deswegen bemüht sie sich derzeit die Biografien von drei historisch wichtigen Frauen Ugandas zu veröffentlichen, bevor sie sterben. Da wäre zum Beispiel Sarah Ntiro – die erste Frau in Ostafrika, die die Universität abgeschlossen hat. Daneben hat sie Kontakt zu Roda Kalema, der einzigen Frau in der verfassungsgebenden Versammlung 1986 nach dem Krieg, die damals die Frauenbewegung in Ostafrika angeführt hat. Die Dritte im Bunde ist Joice Mpanga, sie ist die erste weibliche Vize-Präsidentin auf dem Kontinent.

FEMRITE wird, dank Spenden aus Deutschland, bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse vertreten sein und über 40 ugandische Bücher von Autorinnen vorstellen.


Von Carolin Küter, Lyon

Der französischsprachigen Literatur wird beim wichtigsten Branchentreffen der Welt der rote Teppich ausgerollt. Die frankophone Literaturwelt, die Autoren aus Belgien, der Schweiz oder dem Maghreb einschließt, präsentiert sich auf der Frankfurter Buchmesse jedoch vor allem mit ihren männlichen Talenten: Nur gut ein Drittel der über 130 vertretenen französischsprachigen Schriftsteller sind weiblich. Am höchsten ist der Frauenanteil beim Kinder- und Jugendbuch, am niedrigsten beim Comic.

Die in Frankfurt vertretenen Belletristik- und Sachbuchautoren sind zu etwa 30 Prozent weiblich. Das ist zwar nicht paritätisch, aber immerhin ungefähr repräsentativ für die französische Literaturszene – zumindest wenn man betrachtet, wie die renommiertesten Literaturpreise des Landes in den vergangenen Jahren verteilt wurden. Die Zeitung „Le Monde“ stellte 2015 eine Geschlechterstatistik der ausgezeichneten Schriftsteller auf: Seit 1903 gab es insgesamt acht Jahrgänge, in denen in Frankreich genauso viele Frauen wie Männer einen wichtigen Literaturpreis erhalten haben. Zu einem Überhang an ausgezeichneten Autorinnen kam es nie.

An diesem Ungleichgewicht hat sich seither kaum etwas geändert. Seit 2000 schwankt die Frauenquote zwischen elf und 44 Prozent. Kein Wunder also, dass es 2016 eine kleine Sensation war, dass drei der wichtigsten Auszeichnungen – der „Prix Goncourt“, der „Prix Renaudot“ und der „Große Preis der Académie Francaise“ – an Autorinnen gingen.

Leïla Slimani war die zwölfte Frau, die im 113. Jahr der Vergabe des „Prix Goncourt“ gewürdigt wurde. Unter ihren Vorgängerinnen waren die Résistance-Literatin Elsa Triolet, Simone de Beauvoir oder Marguerite Duras. Die höchste Frauenquote hat laut „Le Monde“ der „Prix Femina“ mit etwa 37 Prozent Preisträgerinnen. Die Auszeichnung mit einer ausschließlich weiblichen Jury wurde 1904 als Gegengewicht zum „Goncourt“ begründet, in dessen Jury bis heute sieben von zehn Mitgliedern Männer sind. In der zehnköpfigen Jury des „Renaudot“ findet sich sogar nur eine Frau.

Auch mit der Würdigung der historisch bedeutenden Autorinnen des Landes tun sich die französischen Literaturinstitutionen schwer. So ist die Aufnahme der Werke einer weiteren Schriftstellerin in die prestigeträchtige Klassikerreihe „Pléiade“ des Verlags Gallimard eine Nachricht wert. Zuletzt wurde Madame de Staël diese Ehre zuteil. Sie war um die Jahrhundertwende 1800 eine der einflussreichsten Denkerinnen Europas und ist eine von zwölf Frauen in der mehrere Hundert Autoren umfassenden Reihe.

Noch schwerer haben es die Werke von Schriftstellerinnen im Bildungssystem: noch nie wurde eines beim Abitur durchgenommen. Doch dank der Petition einer Französischlehrerin wird sich das 2018 ändern. Schüler, die Literatur im Abschlussjahr als Schwerpunkt gewählt haben, werden dann eine Novelle von Madame de Lafayette pauken. Die Autorin des 17. Jahrhunderts gilt als Wegbereiterin des modernen Romans.


Von Inga Pylypchuk, Kiew

In der Ukraine kennt sie jedes Schulkind: Lesja Ukrajinka (1871 – 1913), Dichterin, Dramaturgin und Übersetzerin, gehört zum literarischen Kanon des Landes. Sie hat es nicht nur geschafft, sich Ende des 19. Jahrhunderts als eine der ersten weiblichen Intellektuellen zu etablieren, sie prägt das ukrainische Frauenbild bis heute. In ihrer Lyrik begegnet man oft starken weiblichen Figuren, die sich gegen Hindernisse zur Wehr setzen und um die eigene Integrität kämpfen. So etwa in einem ihrer berühmtesten Gedichte „Contra spem spero“.

Geboren wurde die Dichterin unter dem Namen Laryssa Kossatsch-Kvitka. Ihr Pseudonym – Ukrajinka bedeutet „Ukrainerin“ – gab sie sich auf Empfehlung ihrer Mutter, die ebenfalls Schriftstellerin war. Viele ihrer Texte sind impressionistisch, durchdrungen von folkloristischen Motiven. Auch fantastische Anklänge finden sich, etwa im Drama „Das Waldlied“. Dort führt Lesja Ukrajinka ihre Leser in einen magischen Wald in der Wolhynien-Region, in dem sich die reale Welt in einem Mythos auflöst, Mensch und Natur eins werden. Wer die ukrainische Kultur verstehen will, sollte „Das Waldlied“ unbedingt lesen.

Lesja Ukrajinkas Konterfei ziert heute die 200-Hrywnja-Note. Ihre Dramen werden noch immer gespielt. Doch wie ist es dieser Frau gelungen, eine solch herausragende Stellung in einer ansonsten eher patriarchal geprägten Kultur zu erreichen? Ihr Talent und ihre Bildung haben sicher wesentlich dazu beigetragen. Ihrer Familie hat sie es zu verdanken, dass sie schon früh Lesen und Schreiben lernte, später kamen Latein, Altgriechisch und mehrere slawische Sprachen dazu. Ihre Geschichte ist für die Ukraine allerdings mehr als nur eine einzigartige Biografie. Mit ihrem Beispiel hat Lesja Ukrajinka gezeigt, dass Frauen sehr wohl ihren Platz in der ukrainischen Literatur haben. Damit dient sie modernen Schriftstellerinnen bis heute als Vorbild.

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Marinela PotorDetroit
Mittelgroß, schmale Hüften, kleiner Po, leicht rundlicher Busen: Das ist nach wie vor das dominierende weibliche Schönheitsideal in den USA. Es klingt wie eine Klischee-Beschreibung einer westeuropäischen Frau. Viele Amerikanerinnen kämpfen damit – bis sie erkennen: Sie sind nicht das Problem. 
Heike PapenfussValencia / München
Während der Franco-Diktatur wurden in Spanien unzähligen Müttern ihre Babys genommen und an Adoptiveltern verkauft. Noch bis Anfang der 80er Jahre verdienten Ärzte, Notare, Pfarrer und Nonnen an diesem Kinderhandel. Die Rede ist von geschätzt 300.000 betroffenen Kindern. Es ist auch die Geschichte von Susi Cervera und Sonia Espinosa.

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